"Das Leben wurde zu einem Albtraum"
Zwei Männer aus rechtsradikaler Szene wegen Übergriffen gegen
Türkinnen vor Gericht.
aus: Waldeckische Landeszeitung vom 16. April 2005
Diemelstadt-Wethen (ah). Im dritten Anlauf wurde gestern das Verfahren gegen zwei der rechtsextremen Szene zugerechnete Männer eröffnet, die drei Türkinnen in dem gemeinsam bewohnten Haus in Wethen bedroht, beleidigt und geschlagen haben sollen. Urteilsverkündung wird vermutlich am 29. April sein. Für den Tag ist noch ein Ortstermin geplant.
Drei Gerichtstermine im vorigen Jahr platzen unter anderem, weil einer der beiden Angeklagten unentschuldigt fehlte (wir berichteten). Beide Männer sind keine unbeschriebenen Blätter. Der 29-jährige T. war in den 90er Jahren unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge vom Landgericht Kiel zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen Volksverhetzung und Störung der Totenruhe verurteilt worden. Am 1. März 2005 war er wegen Körperverletzung bei der Kirmes in Twiste zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Er hat Berufung eingelegt, somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Gestern wurde auch ein Verstoß gegen das Waffengesetz gegen T. verhandelt: Er gab vor Gericht zu, ein Butterflymesser mit beidseitig geschliffener Klinge in seinem Kleiderschrank aufbewahrt zu haben.
Im Mittelpunkt standen gestern freilich zwei Ereignisse am 20. Dezember 2003 gegen 1.30 Uhr und am 5. März 2004 zur gleichen nachtschlafenden Zeit in dem damals von den Frauen und den beiden Angeklagten bewohnten Haus Mittelstraße 2 in Wethen.
"Der hat mich geschlagen, alles war blau", schildert die 39-jährige Türkin bewegt die Situation in der Nacht zum 20. Dezember 2003. Der kurze Zeit vorher aus Bad Segeberg zugezogene 33-Jährige habe sie so geschlagen, dass sie Prellungen am Oberarm und oberhalb der Brust davongetragen habe. Diese Blessuren hatte der Arzt in einem Attest festgestellt. Zudem habe der Mann sie mit Wörtern wie "Hure" oder "Scheiß-Ausländer" beschimpft und gedroht, er werde "die Bude in Brand stecken", wenn sie die Polizei alarmiere. Der 33-jährige bestritt dies, er habe der Frau ein Wohnungskündigung als Hausverwalter überbringen müssen und sei sachlich gewesen. Die Frau hingegen sei hysterisch gewesen, er habe sie angepackt und geschubst.
Drei Tage später und im folgenden Frühjahr seinen dann die Reifen ihres PKW in der Garage platt gewesen, fuhr die Frau fort. Nach diesen Ereignissen und einem weiteren gestern verhandelten Fall zog die Frau mit beiden 20 und 17 Jahre alten Töchtern aus: "Das war ein Albtraum." Seit 1993 habe sie in dem Haus in Frieden gewohnt und sei heimisch geworden, erklärte die Frau.
Regelrecht Angst hätten sie gehabt, als am 5. März beider Männer gegen die Wohnungstür getreten hätten. Am Abend zuvor hätten die Mitbewohner im Clubraum Lärm gemacht und draußen Silversterböller in die Luft gejagt. In der Nacht hätten die Angeklagten wüste Beschimpfungen ausgestoßen und erklärt, sie würden die Frauen vergewaltigen, so dass sie anschließend verkauft werden könnten.
Per Mobiltelefon hätten sie dann in der Nacht einen Nachbarn gebeten, die Polizei herbeizurufen, erklärte die Frau.
T. bestritt, in dieser Nacht vor der Tür gestanden zu haben. Er habe im Bett gelegen, was dessen als Zeugin geladene Verlobte bestätigte.
Gestern spitzte sich alles auf die Frage zu, inwieweit die Frauen die Angeklagten erkannt haben. Diese beteuerten, sie hätten eindeutig deren Stimmen erkannt, und erklärten, durch einen Spalt in der durch die Tritte deformierten Tür habe man von einer Treppe aus der Wohnung heraus auf den Hausflur sehen können. Bei dem Ortstermin am 29. April in Wethen soll dies geklärt werden.
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